Die FPÖ als Heimatpartei

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Die FPÖ ist in Österreich als Heimatpartei bekannt und wird deshalb auch von vielen Wählerinnen und Wählern gewählt. Was vielen weniger genau bekannt sein dürfte ist, daß die Partei gleichzeitig eine neoliberale Agenda verfolgt, die oft im Widerspruch zu nationalen Interessen steht. Es ist nicht lange her, daß viele Menschen in Europa und Österreich gegen die Investitions- und Handelsabkommen TTIP und CETA protestiert haben. Die FPÖ hat sich auch tatsächlich bei etlichen Abstimmungen zu TTIP und CETA auf EU-Ebene enthalten, doch was die neuen weniger bekannten Investitionsschutzabkommen JEFTA mit Japan und EUSIPA mit Singapur, welche im wesentlichen TTIP-Blaupausen sind und ebenfalls die gefährlichen ISDS-Klauseln enthalten, betrifft hat die FPÖ neuerdings mit voller Zustimmung reagiert. Nur wenn es heftige Proteste seitens eines großen Teils der Bevölkerung gibt, ist die FPÖ also bereit von ihrem in der Partei vertretenen neoliberalen Dogma abzurücken. ISDS-Abkommen sind deshalb so gefährlich, weil hier der österreichische Staat über Verfahren auf Schiedsgerichten, welche unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden, auf den Entgang zukünftig erwarteter Gewinne geklagt werden kann. Deutschland muß beispielsweise aufgrund des Atomausstiegs durch den Energiecharta-Vertrag 6,1 Milliarden Euro an Entschädigung an Vattenfall zahlen. Auch Italien wird 200-300 Millionen US-Dollar an Rockhopper zahlen müssen, weil es Ölbohrungen in der Adria untersagt hat. Auf diese Weise können Konzerne gegen fast alle Arbeits-, Konsumenten- und Umweltschutzstandards klagen wie beispielsweise der Einführung eines Mindestlohns. Über ISDS können nur Konzerne im Ausland klagen; inländischen Betrieben steht der Weg über ISDS (Investor State Dispute Settlements) nicht offen.

Handelsabkommen wie TTIP führen außerdem durch Synergieeffekte in großen Konzernen zum Verlust von Arbeitsplätzen, da sich nur ein oder wenige Marktteilnehmer als Top-Player in einer Kategorie international positionieren können und dadurch Doppelgleisigkeiten in verschiedenen Ländern abgebaut werden können. Der viel propagierte Gewinn an Arbeitsplätzen hätte durch TTIP wohl nicht stattgefunden, da hauptsächlich die USA davon einseitig profitiert hätten und auch in guten Szenarien wenig Wirtschaftswachstum zu erkwarten gewesen wäre.

Ein weiterer wichtiger Punkt der FPÖ-Politik waren schon immer Steuersenkungen. Das wäre ja gut wenn diese dem Mittelstand sowie unteren Einkommensschichten zugutekommen. Die FPÖ inszeniert sich ja immer als der Anwalt der Fleißigen (Ganz so als ob die Wähler anderer Parteien immerzu untätig und faul wären.). Doch diese Politik hat auch ihre Schattenseite wenn es um Steuererleichterungen für große Unternehmen geht. Die meisten Großkonzerne zahlen heute unter 1% Steuern, weil sie ihre Gewinne in Steueroasen verschieben können und keinem Staat rechenschaftspflichtig sind. So sehr man die Einführung der neuen Digitalsteuer durch die Bundesregierung begrüßen kann, so sehr muß man aber darauf hinweisen, daß die gleichzeitige Senkung der Körperschaftssteuer wesentlich mehr kostet als die Digitalsteuer einbringt. Von der Körperschaftssteuersenkung profitieren hauptsächlich Großkonzerne. Kleine und mittlere Betriebe profitieren nur wenig. Man muß Steuersenkungen für Konzerne schon in Frage stellen dürfen, denn die meisten Großkonzerne haben ihre Produktion längst ins Ausland verlagert und warum sollte man nicht den Vertrieb besteuern.

Doch Steuersenkungen für große Konzerne sind nicht das einzige Problem. Auch in Sachen Steuertransparenz blockiert die Bundesregierung auf EU-Ebene: Es ginge darum aufzudecken, wer hinter Briefkastenfirmen, Stiftungen und Trusts steckt (siehe Panama-Papers). Es müßte denn vor allem auch öffentlich gemacht werden, wieviel Gewinn multinationale Konzerne wo verbuchen und wieviel Steuern sie bezahlen. Beides wäre eine Voraussetzung für eine gerechtere Besteuerung von Konzernen und superreichen Privatpersonen, die derzeit ihr Vermögen weiterhin steuerschonend in sog. Steueroasen parken können. Dabei hätte die Bundesregierung die Möglichkeit gehabt das "Country-by-Country Reporting" im Gegenteil auf den Tisch zu bringen als Österreich noch den EU-Vorsitz innehatte. Auch eine Reform des Finanzsystems, das sich seit der Finanzkrise 2008 im wesentlichen nicht geändert hat (bspw. immer noch keine Trennung von Geschäfts- und Investitionsbanken damit Spareinlagen sicherer wären) wird immer weiter verschleppt. Die einzigen Parteien die hier offensiv für Veränderungen auftreten sind etwa die 5-Sterne Bewegung in Italien oder die Grünen in Österreich und Europa. Notenbankchef Mario Draghi hat beispielsweise dubiosen Unternehmen wie aus der Glücksspielindustrie viel Geld aus Zinsen durch das Anleihenkaufprogramm der EZB geschenkt.

Es geht hier aber nicht um einzelne Probleme sondern unserer Meinung nach ist die neoliberale Ausrichtung der FPÖ, die sich gleichzeitig als Heimatpartei versteht, ein sehr grundlegendes Problem. Wenn ich mir beispielsweise die Umweltpolitik anschauen, so könnte man gerade durch eine lokale Förderung von Alternativenergien Arbeitsplätze schaffen, Kapital im Land halten und die Außenhandelsbilanz stärken, da damit weniger Importe fossiler Energieträger notwendig wären. Unserer Meinung sollte man die Förderungen für fossile Energieträger gleich ganz abschaffen. Doch die WTO verbietet mit ihren Regeln bei Alternativenergieföderungen einen lokalen Anteil an Wertschöpfung vorzuschreiben, was wichtig wäre, damit die Förderungen aus Steuergeldern nicht ins Ausland abfließen sondern im Gegenteil mit Gewinn wieder zu einem erhöhten Steueraufkommen im eigenen Land führen könnten. Außerdem erleben wir es seit Jahren, daß die umwelttechnisch sauberere Produktion in Europa ins ferne Ausland nach China ausgelagert worden ist. Dort sind die Fabriken ohne Filter und Umweltstandards wieder aufgebaut worden. Leider stehen auch Importzöllen auf dreckig produzierte Waren, also einem Umewltimportzoll, die gegenwärtigen Handelsregeln entgegen. Ein Skandal ist ebenso, daß die CO2-Emissionen für den internationalen See- und Lufttransport nirgendwo reguliert werden. Das ist dann ganz so als ob es die Entfernung zwischen Asien und Europa nicht gäbe. So wird man auf die Stillegung vom Kohlekraftwerk in Dürnrohr, das im Gegensatz zu den USA Quecksilber ungefiltert ausstoßen darf, wohl auch hierzulande noch warten müssen.

Weltweit setzen Großkonzernen, die entweder ihr Geld direkt mit fossilen Energieträgern machen oder von den daraus resultierenden Strukturen profitieren, nach wie vor große Mengen an Geld dafür ein entweder die Gefahren durch den Kliamwandel zu relativieren oder in letzter Zeit verstärkt dafür Klimaschutzmaßnahmen durch Schwarzmalerei der Auswirkungen auf die Bevölkerung zu diskreditieren. In den USA situierte Think Tanks wie Heartland, Cato und Heritage geben dafür jedes Jahr über 900 Millionen Dollar aus. Die Panikmache "Wir werden uns das Auto nicht mehr leisten können" ist in etwa so wie das was die Kohleindustrie vor der Energiewende gesagt hat: ab einem Anteil von Erneuerbaren von 10% werden die Lichter ausgehen. Wasserstoffautos sind schon heute nicht mehr teurer als Benziner und Dieselfahrzeuge, zudem um ein Vielfaches effizienter als Verbrennungsmotoren und können bis zu 100% aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Außerdem sollte man einmal sagen wenn wieder auf den Tisch kommt wieviel uns der Klimaschutz kosten wird, daß man Investitionen in Alternativenergie und allgemeiner in unserer Infrastruktur eigentlich als Konjunkturpaket begrüßen sollte. Das neoliberale Dogma hingegen verbietet jede staatliche Einmischung und damit auch direktes Geld für gewisse, strategische Wirtschaftszweige.

Für die meisten FPÖ Wähler sind Parteien aus dem linken Spektrum wie etwa die Grünen leider überhaupt keine Alternative, da diese in Sachen Einwanderungspolitik eine sehr liberale Linie vertreten. Was die Europawahlen betrifft sind aber die Auswirkungen auf die Einwanderung minimal, da dies eine Sache ist die immer noch nationalstaatlich entschieden wird. Mit Sarah Wiener kandidiert dieses mal die bekannte Fernsehköchin und Unternehmerin für die Grünen in Österreich. Weiters will ich darauf hinweisen, daß die Masseneinwanderung am Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 von einer konservativen Politikerin, nämlich Frau Angela Merkel, durch ihre unversehene Einladung doch nach Deutschland und Europa zu kommen ausgelöst worden ist.

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