Vollständiger Markt, Umwelt und das Recht des Einzelnen



Auf alternativen Medien ist zu lesen wie ein großes privatwirtschaftliches Unternehmen in Frankreich den Anwohnern das Grundwasser abpumpt. Dieses gehöre ja eigentlich niemandem und deshalb müsse die Entnahme bis auf den um einen lächerlichen Preis gehandelten Entnahmerechten frei sein. Daß das Wasser, welches das Unternehmen den Einwohnern wegnimmt, keinen Preis hat ist eine Marktverzerrung. Nur weil sich das frische Quellwasser irgendwo im Untergrund befindet, heißt das ja nicht, daß es niemanden gehört. Es gehört den Einwohnern der Gemeinde, die dort leben und die Gemeinde, die ja Vertreter seiner Einwohner sein soll, erweist ihren Einwohnern einen Bärendienst wenn sie jemandem die Lizenz erteilt das Gemeineigentum seiner Einwohner ohne Gegenleistung, die sich an den entnommenen Wassermengen zu messen hat, zu usurpieren, zu entwenden oder zu stehlen. Daß die sogenannte Lizenz selbst dem Unternehmen etwas gekostet hat, spielt hier eine untergeordnete Rolle zumal der Preis dafür den entstehenden Schaden überhaupt nicht kompensieren kann. Wenn das Eigentum unter ihren Füßen den Gemeindemitgliedern gehört, müssen eigentlich diese entscheiden, ob sie das Quellwasser, das ja ihnen gehört, verkaufen wollen. Es wäre also hier wohl dringend notwendig, daß das Gemeineignetum der Bürger hier auch eine gesetzliche Repräsentation hat. Wenn man sich ein Haus oder ein Grundstück mit Baurechten in dieser Gemeinde kauft, müßte festgelegt sein, daß man damit vor dem gültigen bürgerlichen Recht natürlich auch das Gemeinrecht für Wasserressourcen und -versorgung in diesem Verwaltungsbezirk mit-erwirbt und es sich dabei um ein eingetragenes Recht handelt. Die Gemeinde repräsentiert bloß das Recht ihrer Bürger, ihr gehört das Wasser nicht. Die Wasserrechte müssen pro Person gemessen werden, denn wie ich später argumentieren werde, sind unsere Rechte an gemeinschaftlichen, natürlichen Ressourcen durch unser Recht auf Leben begründet.

Gleiches wie für die Entnahme von Wasser muß aber auch für alle natürlichen Ressourcen und jedes Gut der Natur, welches sich nicht in Privatbesitz befindet, gelten. Zu Anbeginn der Zeit war jedes Eigentum ein Gut der Natur und im Besitz aller, die in der jeweiligen Region gelebt haben. Damit, daß ein Volk oder ein Stamm sein Territorium verteidigt, verteidigt er ja auch das gemeinsame Eigentum seiner Mitglieder. Es gibt ja auch heute noch Völker, die ohne Privateigentum leben. Gemeinschaftliches Eigentum wegzuleugnen, wie dies leider der Usus der heute bei uns etablierten Wertesystemen ist, wird leider oft als Begründung und Vorwand verwendet solche Völker zu enteignen und zu vertreiben, ob diese nun sesshaft oder halbnomadisch leben. Bei vollständig nomadisch lebenden Völkern kann man ja das Argument einsetzen, daß diese keinen allgemeinen Besitz usurpiert haben, diese ihr Land eigentlich kaum verteidigen (können) und daher auch keine Rechte daran hätten. Das ist aber nicht ganz richtig, denn auch diese Menschen haben ein Recht auf Leben und man kann ihnen nicht einfach etwas kompensationslos wegnehmen.

Was würde es also für unser Wirtschaftssystem bedeuten, wenn wir gemeinschaftlichen Besitz, den es ja in Form von Genossenschaften eigentlich ohnehin schon gibt, anerkennen und nicht weiter wegleugnen würden? Jedes (größere) Unternehmen hat eine Bilanz, einen Gewinn und einen Cash Flow (d.h. es macht Profite). Verbucht werden aber nur jene Dinge in denen das Unternehmen Anlagevermögen hat, mit denen es Profite macht oder die es zur Erreichung seiner Gewinne benötigt. Der Schaden den das Unternehmen der Umwelt und damit der Allgemeinheit zufügt wird hingegen nicht verbucht. Natur und Umwelt sind klarerweise Allgemeingüter die zu Anbeginn der Zeit jedem von uns gleichermaßen gehört haben. Damit daß eine Gruppe von Menschen ihr Leben auf Basis von dem was die Natur bietet bestreitet, generiert dies unter Rücksichtnahme deren Rechtes auf Leben in diesem Fall eben das, was wir auch in unserer heutigen Sprache Besitz nennen.

Wie aber sollte es verbucht werden, wenn ein Unternehmen dann beispielsweise die Umwelt verschmutzt? Mit der Verschmutzung der Umwelt zerstört dieses ja ein Gut das vorher da war, nämlich freie, unzerstörte Natur wie diese nicht nur als Erholungsraum sondern auch als Basis unserer Gesundheit dient. Die Allgemeinheit muß also festlegen, ob sie dieses Gut, das vorher ja da war und dann im Rahmen des Wirtschaftsprozesses zerstört, aufgebraucht oder umgewandelt wird, überhaupt hergeben will und welchen Preis sie dafür als gerechtfertigt erachtet. Es ist eine Schieflage unseres Wirtschaftssystems, daß auf jener Seite, auf der Gewinne und Cash Flow erwirtschaftet werden, das wirtschaftende Unternehmen ganz genau zählt und jeden Euro umdreht, den ihre Kunden für eine Verbesserung des Produktes mehr zahlen oder der für Aufwände zur Gewinnung neuer Kunden anfallen würde. Auf der Verlust- bzw. auf der Nehmensseite wird gar nicht verbucht, zumindestens dann wenn es sich um Allgemeingüter wie die Natur, von der wir alle für unser Leben abhängen, handelt.

Bisher gibt es fast nur Vorschriften, die den Schaden, den ein Unternehmen an der Allgemeinheit anrichten kann, begrenzen oder einschränken sollen. Das ist aber wenig effektiv, da man für jede noch so kleinen Umstand eine eigene Regel braucht und der öffentliche Gesetzgeber in das Geschäftsfeld der bei ihm operierenden Unternehmen oft nur unzureichend eingeweiht ist. Würden die Güter, die frei sind und der Natur entnommen werden, bewertet, so würden die Unternehmen auch auf der “Schadensseite” genau zählen. Ich sage hier absichtlich frei, weil die Nutzung eines Gutes das Gut nicht unbedingt verändern, verbrauchen oder schädigen muß. Wenn ich mir das schöne Bergpanorama anschaue, geht es dabei ja nicht verloren. Ich kann mich nur fragen wie etwa der Vatikan hier eine aus meiner Sicht vollständig verfehlte Position einnehmen kann und etwa den Handel von CO2 Emissionszertifikaten als unpassende oder ungerechtfertigte Maßnahme darstellen kann. Für mich ist es damit zu erklären, daß die Kirche die Existenz von Gemeineigentum leugnet. Soetwas kann es doch gar nicht geben, dann haben wir ja Kommunismus, das ist gegen unsere Werteordnung. Das ist eine sehr bedauernswerte Position. Es ist bewiesen daß der Handel mit NOx Zertifikaten in den USA, lange bevor man sich des Problems mit der Klimaerwärmung bewußt geworden ist, sehr gut funktioniert hat. Freie Märkte haben eine Selbstregelungskraft und warum sollte man sie hier nicht auch zum Zwecke des Guten entfachen?

Das der CO2-Zertifikatenhandel, also der Handel mit Verschmutzungs„rechten”, als ungeeignet oder unzureichend dargestellt wird, hat mit etwas ganz anderem zu tun, nämlich damit daß der Preis pro Zertifikat einfach zu niedrig angesetzt worden ist und damit unwirksam war. An der Effektivität des Systems, die bekanntermaßen sehr hoch ist, ändert dies gar nichts. Warum aber wurde der Preis viel zu nieder angesetzt? In unserer Verfassung steht martialisch „alle Macht geht vom Volke aus”. Nun sieht die Öffentlichkeit aber immer und immer wieder aufs neue, daß die Politik eigentlich kaum oder immer weniger ihre Wähler vertritt, also jene Menschen die Ihnen die Ermächtigung zur Handlung geben, sondern Interessensgruppen aus der Wirtschaft. Der Einfluß, den Lobbyisten aus der Wirtschaft auf Entscheidungsträger nehmen, muß oft nicht einmal deklariert werden. Es gibt zwar auch Interessensgruppen von Bürgern, die etwa umweltorientierte oder soziale Anliegen vertreten, doch diese erwirtschaften mit der Umsetzung ihrer Anliegen keine zusätzlichen Profite sondern werden eben nur von Bürgerinnen und Bürgern bezahlt. Wenn ein Politiker im Sinne einer wirtschaftlichen Interessensgruppe handelt, liegt dies aber oft nicht daran, daß er für sein Bürger bloß eine funktionierende Wirtschaft, Arbeitsplätze und gute Lebensbedingungen erreichen will, sondern am Eigennutzen. Wer sich in seiner Amtszeit gewissen Unternehmen als gefällig erwiesen hat, bekommt danach von ihnen eine gut bezahlte und wenig anstrengende Arbeit oder kann vielleicht auch noch während seiner Amtszeit Beratungsleistungen abrechnen, wenn nicht direkt ein Abendessen, Kurzurlaub - oder man kann ja nicht wissen was sonst noch alles - dafür geboten werden.

Argumentiert sei hier nicht nur wie man den Nutzen und die Effizienz unseres Wirtschaftssystems steigern und im besonderen dessen Antinutzen in gleicher Weise verringern oder minimieren kann, sondern auch das was aus meiner Sicht Teil eines konsistenten und gerechten Wertesystems sein muß. Die Leugnung von gemeinschaftlichem Besitz in Form von natürlichen Gütern fügt ja nicht nur meist unschuldigen Menschen einen Schaden zu sondern muß aus meiner Sicht als Unrecht an sich betrachtet werden.