Im Sommer 1997 entschloß sich Skipper Charles J. Moore nach Teilnahme an einer Segelregatter von Los Angeles nach Hawaii, nachdem sich seine Manschaft erst einmal von den Strapazen der Regatta erholt hatte, nachhause zurückzukehren. Sie entschlossen sich über ein Gebiet, das normalerweise wegen seiner Flauten von Seglern lieber gemieden wird, wieder heimzukehren: über die Rossbreiten. Trotz immer wieder nervigem Windmangels kommen sie geruhsam aber sicher vorwärts. In den Gefilden der Roßbreiten eingelangt machen sie schließlich eine gleichsam überraschende, unglaubliche wie auch verstörende Entdeckung: „Als ich von Deck auf die Oberfläche von dem starrte, was eigentlich ein unberührter Ozean sein sollte, konnte ich, soweit das Auge auch reichte, nur Plastik sehen. Es schien unglaublich, aber ich fand nirgendwo auch nur einen einzigen freien Flecken“ beschrieb der Skipper später in einem Bericht für das „Natural History Magazine“ seine Entdeckung. Doch damit nicht genug. Der Müll verfolgte die Mannschaft über eine ganze Woche lang: „Egal zu welcher Tageszeit ich nachsah, Plastikmüll trieb einfach überall herum: Flaschen, Plastikdeckel, Verpackungen, Bruchstücke.“
Für einige Wissenschaftler waren jedoch Moores Berichte keine große Überraschung, sondern nur eine Bewahrheitung ihrer eigenen Vorhersagen und Vorahnungen. Die NOAA hatte ja bereits 1988 einen Müllstrudel im Nordpazifik konstatiert.
Ozeanographen schätzen den „Great Pacific Garbage Patch“ (großen Müllstrudel im Pazifik) östlich von Hawaii mit seinen Millionen Tonnen an Plastikmüll mittlerweile bis zu vier mal so groß ein wie Deutschland (700.000 – 15 Mio km²). Im Herzen des Müllstrudels kamen schon damals auf jedes Kilogramm Plankton sechs Kilogramm Plastikmüll. Inzwischen beträgt das Verhältnis schon unglaubliche 1:46.
Daß sich das Problem derart rasant verschlimmert liegt wohl nicht nur an den ständig steigenden Produktionsmengen. Der Müll kreist nämlich um die 16 Jahre im Strudel, falls er überhaupt je wieder freigegeben wird. Das Schlimme ist aber, daß Plastik nicht verrottet und daher einmal in die Umwelt entlassen diese quasi für immer verseucht.
Doch der „Great Pacific Garbage Patch“ ist nicht der einzige Müllstrudel. Auch in der Sargassosee im Atlantik, welche von Kanarenstrom, Nordatlantik- und Golfstrom umkreist wird, gibt es einen sowohl an Größe wie auch Zusammensetzung frappant ähnelnden Müllteppich.
Der Grund dafür, daß sich an bestimmten Orten Müllteppiche derart enormen Ausmaßes bilden können, liegt nunmehr daran, daß dort die Strömung äußerst schwach ist, Müll also von anderen Strömungen dorthin aber nicht mehr weggebracht wird.
Wissenschaftler von der Universität Manoa haben aufgrund von Strömungsanalysen gleich mehrere solcher Gebiete ausfindig gemacht: eines in der Nähe der Bermudas, eines westlich von Zentralchile im Pazifik; ein anderes solches Gebiet erstreckt sich von Argentinien quer über den Atlantik fast bis nach Südafrika.
Gelangt der Plastikmüll in die Nähe von Land bedeckt er dort ganze Strände. Werner Boote zeigt in seinem Film „Plastic World” wie Freiwillige in Japan einen über und über mit Plastik bedeckten Strand einmal im Jahr säubern, nur damit dieser bereits kurze Zeit später wieder vollständig mit Plastikmüll bedeckt ist. Plastik schwemmt es an jedem Strand der Weltmeere an. Auch der Sand am Strand besteht inzwischen schon bis zu einem gewissen Anteil aus Plastik.
Aber auch in heimischen Gewässern wie im Mittelmeer oder in der Nordsee gibt es ein Müllproblem, wenngleich sich der Abfall hier nicht in großen Strudeln zu sammeln scheint.
Doch der angeschwemmte und selbst der in den riesigen Strudeln gefangene Müll bildet nur die Spitze des Eisbergs. Der Großteil, mehr als 7o Prozent sinkt demnach ab und bedeckt den Meeresboden wie ein alles erstickendes, luftdichtes Leichentuch.
Bevor der Müll aber absinkt leistet er schon volles Zerstörungswerk. Robben, Schildkröten und Vögel verheddern sich rettungslos an Kunstoffringen und Schnüren. Viele Tiere wie Wale, Delphine und Seevögel fressen Plastikteile und verhungern dabei mit gefülltem Magen, wenn sie nicht vorher an Darmverschluß sterben. Die geschützte und vom Aussterben bedrohte Meeresschildkröte Caretta Caretta etwa hält durchsichtige Plastiksäcke gar für ihre Lieblingsspeise: Quallen. Der Union of Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) zufolge fallen dem Müll jährlich etwa eine Million Seevögel und 100.000 Meeressäuger zum Opfer.
Diese Zahlen sind dramatisch aber beileibe nicht die einzige Gefahr für die marinen Ökosysteme. Ein weiteres Problem sind etwa unabsichtlich oder absichtlich über Bord gegangene Fischernetze, in denen sich im Laufe der Zeit immer mehr Fische und Meerestiere verfangen. Wird das Netz zu schwer sinkt es ab; - aber nur um später, wenn alle Meerestiere am Grund verfault sind, wieder aufzusteigen. Dann beginnt das Zerstörungswerk wieder von neuem.
Zusammen mit anderen anthropogenen Belastungen wie der massiven Überfischung, Ölunfällen oder der Einleitung von Chemiekalien könnte so ein ganzes Ökosystem in die Knie gehen und für die Menschheit als Nahrungsquelle auf absehbare Zeit wegbrechen. Immer öfter übernehmen niedere Tiere wie Quallen die Herrschaft, sodaß die Netze zwar voll mit Quallen aber ohne einen einzigen Fisch zurückbleiben, was nicht nur der Überfischung sondern wohl auch dem vermehrten Düngemitteleintrag durch den Menschen zuzurechnen ist. Hinzu könnte noch die Übersauerung der Meere kommen, da sich als Folge des Treibhauseffektes auch mehr CO2 im Wasser löst, sodaß die Bedingungen für kalk- und knochenbildende Organismen wie Fische oder Korallen immer schlechter werden. Auch viele genau aufeinander abgestimmte Systeme wie die Vermehrung des Krills und Meeres-organismen wie Fische, die den Krill als Nahrungsquelle benötigen, kommen durch den Klimawandel zusehens aus dem Gleichgewicht.
Neben international rasch durchgesetzten, restriktiven und streng kontrollierten Fischereiquoten wird für die längerfristige Rettung der Ozeane die Lösung des Plastikmüllproblemes unerläßlich sein.
Simple, nachgerichtete ex post Lösungsversuche wie das Abschöpfen des Plastikmülls wären aufgrund der riesigen Mengen kaum möglich. Andere Ideen wie das Sperren von Flußmündungen müssen sich nicht nur aufgrund des Schiffverkehres als praxisuntauglich erweisen.
Vermehrtes Kunststoffrecycling hingegen könnte Teil einer Lösung des Problemes werden. Bekämen Schiffahrtsunternehmen ihren Plastikmüll am Ende der Fahrt einfach ausgelöst anstatt dafür zahlen zu müssen, daß sie ihn loswerden können, würde der Plastikmüll nicht einfach mehr zusammen mit organischen Abfällen geschreddert über Bord gekippt. Die internationale Schifffahrtsbehörde müßte also Geld zum gesammelten Plastikmüll dazulegen (das vorher in Form von Genehmigungen eingehoben wurde) statt nur ein wirkungsloses Verbot zu verabschieden. Das Recycling von Mischungen verschiedener Plastiksorten ist schwierig; manche Kunststoffe wie das krebserregende PVC sind überhaupt nicht recyclebar, verpesten die Umwelt bei der Verbrennung mit giftigen Dioxinen und sollten schon rein deshalb verboten werden.
Leider ist aber ganz im Gegenteil der Mehrweganteil von Getränkeverpackungen nicht nur in Österreich von 60% (1997) auf 40% (2007) gesunken, der von Mineralwasserflaschen sogar von 96% (1994) auf 24,3% (2007).
Umgehendes Kunststoffrecycling könnte das sich rasch verschlimmernde Problem zwar etwas lindern; Lösung stellt es jedoch keine dar. 80% des ob nun versehentlich außer Hand gelassenen, achtlos oder mutwillig weggeworfenen Kunststoffmülls gelangt über die Flüsse ins Meer.
Frappanterweise hat sich leider die Kunststoffrecyclingrate in den letzten Jahren nicht erhöht, sondern im Gegenteil, sie ist stark zurückgegangen.
Die einzig gangbare Lösung um das Kunststoffmüllproblem in den Griff zu bekommen, wäre eine stringente gesetzliche Verordnung, daß jegliche Gebrauchsgegenstände ab sofort nur mehr aus zu 100% (nicht zu langsam) biologisch abbaubarem Kunststoff hergestellt werden dürfen. Geben tut es biologisch abbaubare Kunststoffe schon lange. Die Industrie hat bloß überhaupt kein Interesse diese auch einzusetzen; in Ermangelung entsprechender Verordnungen. Biologisch abbaubar bedeutet dabei für Kunststoffe nicht unbedingt, daß diese auch aus biologischen Ausgangsmaterialien erzeugt worden sein müssen. Biologisch abbaubare Kunststoffe lassen sich auch kostengünstig aus Rohöl herstellen.
Nicht biologisch abbaubare Kunststoffe dürften nur mehr für technische Spezialanwendungen in geringem Umfang erlaubt werden: dort wo spezielle Materialeigneschaften unverzichtbar sind. Müßte die überwiegende Mehrheit der Kunststoffe per Gesetz biologisch abbaubar sein, so würde man auf einen Schlag auch viele Folgeprobleme, wie das der herrenlosen Fischernetze lösen.
Für eine Rettung der Weltmeere wäre da freilich eine internationale Übereinkunft notwendig, obwohl die EU in dieser Sache durchaus einen Schritt vorausgehen sollte. Dadurch wären auch andere Länder, die in die EU exportieren wollen, indirekt dazu gezwungen biologisch abbaubare Kunststoffe herzustellen.
Doch die Plastikverseuchung ist nicht nur für die Weltmeere ein Problem, sondern auch für unserer Böden. Durch den Haushaltskompost achtlos weggeworfenes Plastik verseucht und vermüllt unsere Böden inzwischen in schier unbegrenztem Ausmaß, obwohl dieses Problem weniger sichtbar ist, als die Vermüllung der Weltmeere. Wenn Sie etwas zum Haushaltskompost geben, achten Sie darauf daß keine Aufkleber auf den Schalen und Pflanzenresten mehr zu finden sind und keine weiße Plastikfolie mehr am Stengel von Bananen. Leeren Sie den Müllsack in die Biotonne aus (Sie können ja den Sack nachher wegschmeißen.) anstatt den Kompost samt Plastiksack einzuwerfen; eine Sauerei, die leider immer noch viele begehen. Der Haushaltskompost wird dann später nämlich zur Düngung von Feldern verwendet. Ein nicht minder großes Problem ist auch der Abrieb von Autoreifen. Die bestehen nicht nur aus Naturkautschuk sondern auch aus künstlichem Kunststoff sowie Ruß und leider häufig auch anderen Verunreinigungen wie sogar Schwermetallen.
Sonne, Wind und Wasser zerkleinern die anfangs großen Kunststoffteile immer weiter bis nur mehr unzählige kleine Schwebstoffpartikeln übrig bleiben. Der Großteil des Plastikmülls besteht unsichtbarerweise aus diesen meist unter der oberfläche dümpelnden Schwebstoffen, welche von Meeresorganismen zusammen mit dem Plankton aufgenommen werden.
Dabei entpuppen sich die Mikropartikeln als regelrecht Fänger von Dauergiften. Durch die vermöge der Zerkleinerung wesentlich vergrößerte Oberfläche (Oberfläche einer Kugel steigt zum Quadrat während das Volumen viel schneller nämlich zur Dritten wächst) und durch die gut bekannte Eigenschaft von Plastik Gerüche und andere freigewordene Stoffe anzunehmen kann die Konzentration von Giften in den Plastikpartikeln jene des umgebenen Meerwassers um das Millionenfache übersteigen.
In den Plastikpartikeln konzentrieren sich so Dauergifte wie das in den 40ern verwendete Insektenvernichtungsmittel DDT oder die bis in die 80er als Weichmacher in Lacken, Dichtungen und Plastik (auch in Elektronikbauteilen) verwendeten Polychlorierten Biphenyle PCB. Beide Substanzen begünstigen die Enststehung von Krebs 2 und stören als “endokriner Disruptor” das Hormonsystem.
Doch nicht nur längst verbotene Dauergifte sind ein Problem sondern auch viele giftige derzeit zur Kunststofferzeugung noch in Verwendung befindliche Substanzen wie Bisphenol A, welches ebenfalls das Hormonsystem massiv stört und Erbgutveränderungen bewirken kann oder beispielsweise das gleichfalls krebsauslösende Polystyrol (Styropor).
Erste wissenschaftliche Untersuchungen haben folgendes gezeigt: Sobald Meeresorganismen diese Giftbomben fressen, werden die Gifte in Magen und Darm wieder frei, sodaß sie dann in weiterer Folge von den Lebewesen aufgenommen werden. Da die Meeresorganismen diese Gifte speichern, reichern sie sich in der Nahrungskette immer weiter an; - und am Ende der Nahrungskette steht zumeist der Mensch.
Mikroplastik ist jedoch nicht nur in unseren Meeren ein Problem. Obwohl die Mikroplastikkonzentration in Meersalz am größten war, enthielten auch Proben von Salz aus Seen und sogar Steinsalz Mikroplastik. Wer sich über solche Ergebnisse wundert, dem sei gesagt, daß sich Mikroplastik heute auch über den Wind und das Regenwasser verbreitet. Als erstes entdeckte man Mikroplastik in Regenwasserproben von den Rockey Mountains. Mikroplastik mit weniger als 10μm gelangt durch das Einatmen in die Lungen, Partikel mit weniger als 2,5μm dringen sogar bis in die Lungenbläßchen vor. Studien haben gezeigt, daß wir pro Woche etwa 5g Mikroplastik über unser Essen, das Trinkwasser und die Luft, die wir atmen, aufnehmen. Das entspricht unmgefähr der Plastikmenge, die in einer Kreditkarte enthalten ist.
Der Mensch setzt sich aber nicht nur durch den Verzehr von Meeresorganismen diversen Giften aus.
Viel mehr noch werden zur Erzeugung unzähliger Gebrauchsgegenstände giftige Stoffe eingesetzt, die wir etwa über die Atemluft (Geruch neu gekaufter Artikel), durch Abrieb oder Berührung (klebrige Kunststoffgriffe) aufnehmen können.
Dabei sind vor allem hormonell wirksame Substanzen, sogenannte endokrine Disruptoren von großer Bedeutung, die bereits in geringsten Mengen der Gesundheit erheblichen Schaden zufügen können, da Hormone im Körper Steuerungsaufgaben übernehmen, dergestalt daß hier sehr geringe Mengen eine entsprechend starke Antwort des Körpers provozieren.
Schlimmer noch werden giftige Stoffe für die Verpackung von Lebensmitteln eingesetzt. Nahezu alles, was wir im Supermarkt kaufen, ist in Kunststoff eingeschweißt. Frappant ist hier, daß es zwar strenge Regelungen für sämtliche Lebensmittelzusatzstoffe, jedoch nur unzureichende für die Verpackung gibt. Dabei ist es unschwer nachzuweisen, daß zahlreiche Stoffe wie Phthalate, Bisphenol A oder Acetaldehyde von der Verpackung in das Lebensmittel migrieren. Würden diese Stoffe dem Lebensmittel direkt zugefügt, so unterlägen sie der Deklarierungspflicht und müßten auch als Zusatzstoffe auf der Verpackung abgedruckt werden. So aber erfährt der Konsument nichts.
Phthalate sind Weichmacher, die dem Kunststoff beigesetzt werden um ihn geschmeidiger zu machen, die aber nicht fest im Kunststoff gebunden sind sondern über die ganze Lebensdauer hinweg an die Umwelt abgegeben werden. Vor allem Weich-PVC enthält hohe Konzentrationen von bis zu 70% an gesundheitschädlichen Weichmachern. Wären irgendwann einmal alle Weichmacher abgedampft, so wäre die Lebensdauer dieses Kunststoffes zuende, er würde spröde und zerfiele. 90% der Phthalatproduktion gehen in die Weich-PVC Produktion. Phthalate sind in so unterschiedlichen Produkten wie Bodenbelägen, Rohren, Teppichböden, Kunstleder, Nagellacken, Farben, Klebstoffen, Kosmetika und sogar in Lebensmittelverpackungen zu finden.
Bisphenol A (BPA) ist die weltweit am häufigsten eingesetzte Industriechemiekalie. Ihre Verwendung steigt in der EU jährlich um 8%. Bisphenol-A stabilisiert die Verpackung und ist Ausgangsstoff für eine spezielle Klasse an Kunststoffen, den Polycarbonaten. Polycarbonate sind stabil, bruchfest und zeichnen sich durch ihre hohe Temperaturbeständigkeit bis 145° und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Säuren und Ölen aus (Einweg- & Mikrowellengeschirr, Hartplastik- und Lebensmittelverpackungen, durchsichtige Haushaltsgegenstände wie Schüsseln, Babyflaschen, CD-Hüllen, Auto-Armaturen).
BPA verwendet man auch zur Herstellung von Epoxidharzen, Klebern und in geringen Mengen für das Flammschutzmittel Tetrabrombisphenol A. Getränke- und Konservendosen sind auf der Innenseite üblicherweise mit Epoxidharzbeschichtung ausgekleidet. Auch in Tetrapacks, Nagellack, Thermopapier, in Flaschendeckeln und sogar in Zahnfüllungen wird BPA verarbeitet.
Phthalate sowie Bisphenol A sind im Blut bzw. den Körperflüssigkeiten jedes Menschen nachweisbar. Eine Studie des Umweltbundesamtes (Dr. Marike Kolossa-Gehring) zwischen 2003 und 2006 hat gezeigt, daß mindestens 80% der Kinder mehr der fünf häufigsten Phthalate DnBP, DEHP, DiBP, BzBP und DiNP aufnehmen, als dies gesundheitlich tolarabel ist. Dabei sind aber andere Xenöstrogene, die sich zusammen mit den Phthalaten in ihrer Wirkung addieren oder sogar potentieren könnten, noch nicht eingerechnet. Selbst im Blut der Amazonas-Indianern hat man Industriechemiekalien aus der Kunststoffproduktion gefunden.
Beide Substanzklassen, Bisphenol A sowie Phthalate sind krebserregend bzw. fördern die Entstehung von Krebs 2, können Diabetes und Fettleibigkeit begünstigen und mit den menschlichen Sexualhormonen interferieren. Phthalate machen den Körper glauben, daß er bereits genug Testosteron hat, wodurch der Körper dieses Hormon nicht mehr in ausreichendem Maße produziert. Phthalate sind für Männer am schädlichsten können aber auch bei Frauen zu verminderter Libido, einem erhöhten Risiko einer verfrühten Pubertät, vorzeitigem Ovarialversagen, Fehl- und Frühgeburten führen. BPA schaut für den Körper wie Östrogen aus und ist daher für Frauen besonders schädlich. BPA führt aber auch bei Männern zu einer schlechteren Spermienqualität, verringerter Libido und häufigeren errektilen Dysfunktionen.
Krebserregend und Xenoöstrogene sind auch die bereits verbotenen Dauergifte DDT, PCB und Nonylphenol (, welches aber auch im Jahr 2023 mit einigen Restriktionen noch immer in die EU importiert werden darf). Eine persistente Gruppe von Chemikalien, die nicht biologisch abbaubar ist, noch nicht verboten ist (2023) und sich weltweit anreichert, ist die von PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen). PFAS werden für Teflon und in Bratpfannen, für Löschschaum und in geringeren Mengen auch für eine Vielzahl von Produkten wie Angelschnüre, Skiwachs, Kletterseile, Beschichtungen von Tennisschlägern, Schmiermittel für Fahrräder und Abdeckplanen für Boote verwendet. PFAS stehen im Veracht Krebs auszulösen, unfruchtbar zu machen, sie können die Wirkungen von Impfungen verringern, die Anfälligkeit für Infekte erhöhen, Leberschäden, niedriges Geburtsgewicht, andere Gesundheitsprobleme verursachen und Fettleibigkeit begünstigen. In der EU gibt es nur ein Verbot von PFOS und PFOA, aber kein weitreichenderes Verbot der ganzen Stoffgruppe. Im Februar 2023 hat die EU-Behörde ECHA einen neuen Vorschlag hierfür vorgestellt, der aber von Industrie und Lobbyorganisationen heftig angegriffen wird. Voraussichtlich wird es kein Verbot vor 2025 geben. Es ist bekannt, daß sich PFAS leicht und über große Distanzen in der Umwelt ausbreiten. Steigende Konzentrationen von PFAS in Muttermilch sind weltweit aber auch in den USA ein Problem, wo diese sogar für fettdichte Lebensmittelverpackungen verwendet werden.
Die Folgen sind erschreckend: Wie die Uni-Klinik in Kopenhagen feststellen mußte, hat bereits die Hälfte aller Männer zuwenige oder zu langsame Spermien um auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen. Auch die Anzahl an Krebserkrankungen und die Zahl angeborener Mißbildungen ist stetig im Steigen inbegriffen.
Dr. Niels Jørgensen, Androloge Uni-Klinik Kopenhagen: „Einige dieser Phthalate und andere Weichmacher werden von der schwangeren Frau aufgenommen. Sie reichern sich in ihrem Körper an und gelangen so auch in den Fötus. Die Stoffe wirken also auf das ungeborene Kind, besonders auf die Entwicklung der Hoden. Die Folge: Die Hoden können sich nicht richtig entwickeln. Wir haben herausgefunden: Wenn das schon in diesem frühen Stadium passiert wird die Entwicklung der Zellen so stark gestört, daß die Hoden später nur noch wenige Spermien produzieren können.“
Xenöstrogene wie die Phthalate schaden aber nicht nur dem männlichen Körper. Lange rätselten Mediziner über die immer frühere Geschlechtsreife von Mädchen. Bei Frauen steigen Brustkrebserkrankungen und Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut (Endiometriose), nicht zu vergessen die höhere Rate an Mißbildungen.
Bisher hat die Politik nur mit einzelnen partiell wirksamen Vorstößen gegen Phthalate reagiert, was die Situation zwar verbessern könnte, aber dennoch in Anbetracht der Größenordnung des Problems mehr als nur unzureichend bleiben muß (Die Situation verschlechtert sich sogar gerade noch augrund der steigenden Produktionsmengen.).
Bei Babyartikeln und Kinderspielzeug hat die EU 2005 ein Verbot erteilt (DEHP, DBP, BBP), welches allerdings nicht für die etwa 80% an importierten Spielsachen gilt. Warum gefährliche Weichmacher in EU-gefertigten Spielsachen zwar verboten aber für Verpackungen weiterhin erlaubt sind, muß ein Rätsel bleiben, vor allem da bereits ungeborene Kinder durch diese Chemiekalien unwiederbringlichen Schaden erleiden. Auch wenn die Richtwerte für Phthalatgehalte in Lebensmitteln inzwischen gesenkt worden sind, nützt dies wenig solange es kein flächendeckendes Verbot gibt. So darf etwa weiter prämierter Bioglundener in giftiger PVC-Verpackung verkauft werden, was nur am Recyclingcode an der Unterseite der Käseverpackung erkennbar ist (Produkte mit dem Hundertwasserzeichen dürfen keine Phthalate enthalten).
DEHP, das gefährlichste Phthalat wollte die EU ab Oktober 2012 komplett vom Markt nehmen. Geblieben ist es dabei, daß die Industrie inzwischen mehr oder weniger freiwillig zum größten Teil auf andere Phthalate ausweicht.
Nun, die vielen anderen Phthalate, die auch und vor allem in Kombination gefährlich sind und sich wie DINP und DIDP aufgrund ihrer Langlebigkeit in Böden und Sedimenten anreichern können, bleiben. DEHP, BBP und DBP sind seit 2007 derwohl auf der Liste besonders gefährlicher Stoffe der EU-Richtlinie REACH, was eine Deklarationspflicht ab 0,1% nach sich zieht.
Als der wichtigste Weichmacher am asiatischen Markt landete DEHP nichtsdestoweniger jahrelang beim europäischen Verbrauchern, da Verpackungsmaterial aufgrund der niedrigen Arbeits-, Umweltstandards sowie Löhne bei uns zum größten Teil aus China importiert wird. Da hilft es wenig wenn BASF und andere Konzerne versichern sie stellten DEHP in Europa nicht mehr her. Laut dem Marktforschungsinstitut Ceresana hält DEHP mit 54% immer noch eine herausragende Stellung am Weltmarkt.
Ein Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit, Zuckerkrankheit und der Aufnahme bestimmter Phthalate ist ebenfalls bereits erwiesen. Einer aktuellen schwedischen Studie zufolge begünstigen bestimmte Phthalate die Entstehung eines Diabetes melitus Typ 2. Vorangegangen ist dem eine mexikanische Untersuchungsreihe mit weniger Teilnehmern. MMP, MiBP und MEP binden im Körper an bestimmte Rezeptoren, die den Blutfett- und Blutzuckerspiegel regulieren. Einige hemmen die Bildung von Insulin, andere begünstigen vermutlich eine Resistenz, wie eine im Frühjahr 2012 veröffentlichte Untersuchung der britischen Umweltorganisation ChemTrust zeigt.
Eines der möglicherweise gefährlichsten Phthalate ist da noch DPHP, das Schilddrüse und Gehirnanhangdrüse schädigt. Auch ein komplettes Verbot von Phthalaten wäre noch unzureichend, wenn diese dann bloß durch andere endokrine Disruptoren ersetzt würden.
Neben den bekannten Auswirkungen von Phthalaten ist es aber vor allem ein anderes Gift, das bedenklich stimmen muß: Bisphenol A, die weltweit meisthergestelltste Industriechemiekalie.
Bisphenol A schädigt die Entwicklung des Gehirns. Das wurde in über 40 Untersuchungen an Nagetieren nachgewiesen; das bereits in geringeren Konzentrationen als beim Menschen häufig gemessen. Neueste Studien an Affen haben zusätzlich gezeigt, daß bisher als sicher erachteten Konzentrationen das Gedächtnis, Lernen und Verhalten verändern.
Bisphenol A stört das Immunsystem. Dr. Eric Haudeau, Zellforscher am INRA Toxalim Center: „Auf der Innenhaut unserer Organe sind Zelllen, die dafür sorgen, daß keine Krankheitserreger unsere Zellen erreichen. BPA verhindert, daß sich diese Zellen im Embryo weiterentwickeln. Sie sind nicht mehr in der Lage zwischen guten und schlechten Keimen zu unterscheiden. Das ganze Warnsystem bricht zusammen und unser Körper wird von Krankheitserregern befallen.“
Die Störung des Immunsystems durch Chemiekalien könnte unter anderem eine Erklärung für den signifikanten Anstieg an Autoimmunerkrankungen sein, darunter auch Allergien und Asthma, der vor allem in der entwickelten Welt zu verzeichnen ist. Übertriebene Hygiene wird hier oft als Grund angegeben, da Kinder von Bauern, die in einer weniger keimfreien Umgebung aufwachsen, auch viel seltener an Allergien und Asthma leiden. Eine vollständige Erklärung kann dieser Ansatz jedoch nicht liefern. Da Kinder von Bauern sicher auch vermehrt Lebensmittel aus Eigenproduktion essen und damit die Giftabgabe von der Verpackung im Supermarkt wegfällt, kann dies wenn überhaupt nur Teil der Begründung sein.
Dr. Eric Haudeau: „Die Lebenszeit eines Tieres reicht einfach nicht aus um abzusehen wie katastrophal die Wirkungen von BPA auf den menschlichen Organismus sind. Wir Menschen sind ja ein Leben lang von diesen Substanzen umgeben. Die Tiere nur ein paar Wochen lang.“
Darüber hinaus zeigte sich bei epidemiologischen Untersuchungen ein signifikanter Zusammenhang von gemessenen BPA-Konzentrationen mit Stoffwechselerkrankungen betreffend Herz-Kreislauf, Diabetes und Fettleibigkeit, wenngleich die Hauptursachen für diese Erkrankungen gewiß an einer ungesunden Ernährung liegen (zuviel Zucker, zuviele vor allem ungesunde Fette, Transfette, zuviel Salz). Versuche an menschlichem Fettgewebe zeigen, daß BPA das Hormon Adiponectin unterdrückt.
Daß die Belastung der Bevölkerung mit BPA weit über den als unbedenklich geltenden Grenzwerten liegt verdeutlicht eine Studie an weiblichen Affen: In einer Untersuchung der Univerität von Missouri-Columbia verfütterten Forscher eine BPA Dosis von 400μg/kg Körpergewicht, was ein achtfaches über der als unbedenklich geltenden Dosis liegt. Trotzdem lag der BPA gehalt der Tiere im Blut nach 24h unter dem von Menschen aus Industrienationen, was entweder darauf hindeutet, daß Affen BPA weniger gut aufnehmen, schneller abbauen können oder Menschen einer noch viel höheren Konzentration ausgesetzt sind (was insbesondere im Zusammenhang mit anderen an Affen durchgeführten Studien, die auf Risiken hindeuten zu beachten ist, da die Ergebnisse wie u.a. bei der Studie zu Gedächtnis und Lernen so noch gravierendere Auswirkungen haben.)..
Bisphenol A ist krebserregend. Die Wirkungen können bis hin zur genetischen Veränderung führen. BPA täuscht das Vorhandensein des Sexualhormons Oestrogen vor. Untersuchungen haben gezeigt, daß die Chemiekalie in den Phasen vor und nach der Geburt besonders schädlich ist und sogar Auswirkungen auf Folgegenerationen hat. Gleichzeitig wurden bei Kindern die höchsten Belastungen gemessen. Viele Babyfläschchen werden mit BPA hart und durchsichtig gemacht, Kinder nehmen gerne Sachen in den Mund und viele Phthalate (stören den Testosteronhaushalt) finden sich u.a. in verarbeiteten Produkten wie Nuß-Nougat Cremes oder Gummibärchen.
Kinder reagieren auf Chemikalien wie BPA oder auch Phthalate und deren Folgeschäden am empfindlichsten. Es würde nichts nutzen Bisphenol A zu verbieten, wenn es dann nur durch Bisphenol S oder F ersetzt wird.
Auch wenn die Auswirkungen verschiedener Phthalate durchaus unterschiedlich ausfällt, so ist ihnen gleich mit BPA ihre wenn auch verschiedene Wirkung als endokrine Disruptoren gemeinsam. DEHP macht unfruchtbar, DPHP wirkt auf die Schilddrüse und die Gehirnanhangdrüse, MMP, MiBP und MEP begünstigen Stoffwechselstörungen.
Wie auch immer die Wirkung im Detail aussehen mag, Phthalate und BPA sind als endokrine Disruptoren eine sehr gefährliche Substanzklasse, die in Gegenständen des täglichen Gebrauchs verboten werden sollten.
Aufgrund des epidemiologischen Ausmaßes, und der Tatsache, daß auch viele andere Stoffe wie BPA und etwa manche Pflanzenschutzmittel als Xenoöstrogene wirken können wäre hier ein sofortiges und umfassendes Verbot aller Xenoöstrogene dringend erforderlich. Ein sofortiges Verbot wäre wohl auch für DPHP (wirkt auf Schilddrüse und Gehirnanhang-drüse) sinnvoll. In Zukunft wird man dann eben auf andere Weichmacher etwa auf Basis von Pflanzenölen ausweichen müssen.
Ebenso muß der Einsatz von Bisphenol A, wenigstens in Gegenständen des täglichen Gebrauchs, aufgrund seiner hohen Giftigkeit und seiner Eigenschaft über die menschliche Haut oder über Verpackungsmaterial in Lebensmittel und damit den menschlichen Körper zu migrieren, verboten werden und insgesamt mengenmäßig stark begrenzt werden. Bei BPA hältigen Chemikalien müßte man wohl u.a. vermehrt auf traditionelle Werkstoffe wie Glas, Keramik, Steinzeug oder Holz ausweichen.
Gleiches gilt für PVC, das meist nur mit einem hohen Anteil an Weichmachern einsatzfähig gemacht werden kann und überdies ein Recycling- und Müllproblem darstellt. Bei der Verbrennung entsteht aufgrund des Chloranteils giftiges Dioxin, im Filter verbliebene Salze müssen als Sondermüll deponiert werden.
Eine unbedingte Forderung ist auch die Deklarationspflicht sämtlicher Substanzen, zumindest die in der Verpackung von Lebensmitteln verwendet werden, da nur zu gut bekannt ist, daß fettlösliche Zusatzstoffe nicht im Kunststoff bleiben sondern in das Lebensmittel migrieren. Das Einzige, was der Konsument über die Verpackung in Erfahrung bringen kann, ist bisweilen der Recyclingcode, der zumeist auf der Unterseite direkt ins Plastik eingeprägt wird und grobe Auskunft über die Art des Plastiks, nicht jedoch über allfällige Zusatzstoffe gibt. Plastikfolie ist meist auch mit Trennmittel beschichtet.
Der Forderung nach einer unbedingten Deklarationspflicht von Zusatzstoffen ist nicht nur deshalb Nachdruck zu verleihen, weil diese vom Kunststoff in die Umgebung abgegeben werden sondern vor allem auch deshalb, weil diese sehr oft einfach unnotwendig eingesetzt werden. Durch Kontrolle von Druck und Temperatur während der Polymerisation lassen sich ganz ohne den Einsatz von Additiven die Materialeigenschaften weitgehend kontrollieren. Mit der entsprechenden Preßtechnik kann man etwa statt Polystyrol auch normales und ungiftiges Polyethylen oder Polypropylen einsetzen. So könnte der Konsument anstatt von nur schwer durchsetzbaren Verboten einen Beitrag zur Entgiftung unserer Gerbrauchsgegenstände leisten.
Um die Auswirkungen von Kunststoffen auf die Umwelt zu begrenzen, wäre zudem ein weitgehender Einsatz biologisch abbaubarer Kunststoffe erforderlich.
Unguterweise hat die Politik bislang nicht angemessen auf die Gefährdung des Menschen und seiner Umwelt durch Industriechemikalien reagieren können.
Joe Hennon, Sprecher der europäischen Umweltkomission: „Wir arbeiten vorrangig an Verstößen gegen die Eu-Umweltgesetze insbesondere gegen die Chemiekalienrichtlinie REACH. Im Moment sind wir sehr unzufrieden mit der Anzahl an Chmiekalien, die entsprechend gelistet und getestet werden. Das ist ein ernstes Problem.“
Weiters sei die Durchsetzung bei 27 EU-Mitgliedsstaaten, dem Parlament und der Komission schwierig und dauere lange.
„ … Es gibt sehr viele verschiedene internationale Verwaltungen Regeln und Kulturen; und es gibt die Industielobby“
Auch bei Verboten sind der EU bislang aufgrund der Handelsregeln der WTO, die eine gnadenlose Unterbietung der globalen Mindeststandards für Arbeit, Gesundheit und Umwelt gesetzlich verankern, die Hände gebunden. So ist es der EU nicht gestattet den Import giftiger Waren zu verbieten, da dies ein Verstoß gegen die Handelsregeln der WTO darstellen würde. So bleibt es die einzige Möglichkeit seine Handelspartner unermüdlich dazu auffordern giftige Stoffe aus ihren Produkten zu verbannen, wobei es gar nicht möglich ist jedes Produkt auf alles zu testen. Glücklicherweise konnte die EU hier ihre dominante Rolle im Außenhandel durchaus dazu nutzen um die Situation zu verbessern.
Sieht man hingegen die derzeitige Gesetzeslage, so bleibt der Schutz der Konsumenten weiterhin vorne weg. Nicht einmal die reibungsfreie Umsetzung bestehender Richtlinien wie dem Regelwserk REACH ist derzeit garantiert.
Die seit 1. Juni 2007 in Kraft getretene Chemiklaienrichtlinie REACH hätte uns Konsumenten eigentlich für die Zukunft umfassenden Schutz vor gefährlichen Chemikalien bieten sollen. Da diese aber auch für in die EU importierte Produkte gilt wurde REACH unter massivem Druck der USA und von Japan stark verwässert.
So gibt es jetzt keine zwingende Substitution (i.e. Abschaffung) von krebserregenden, fortpflanzungsschädlichen und aus anderen Gründen gefährlichen Chemikalien mehr wie den in diesem Artikel besprochenen Phthalaten und Bisphenol A. Lediglich langlebige bioakkumulierende Substanzen sind zwingend durch andere zu ersetzen. Die stattdessen in Kraft getretene „adäquate Kontrolle“ muß als illusorisch gelten, denn schon jetzt finden sich viele dieser Stoffe an Orten, an denen sie nichts zu suchen haben wie in der Muttermilch, in Blut, Lebensmitteln und Trinkwasser. Die nicht näher definierte „adäquate Kontrolle“ öffnet der Industrie Tür und Tor für Manipulationen.
Die Auskunftspflicht ist in ihrer jetzigen Form praxisuntauglich, da sie nur mehr beim Hersteller und nicht mehr auf der Verpackung im Geschäft erfrag- und erkennbar ist, sich damit nur auf bereits gekaufte Artikel bezieht und insgesamt nur für 1.500 hoch riskante Chemiekalien gilt.
Die Haftung der Industrie wurde auf nahezu Null reduziert, was vor allem bei durch diese finanzierte Studien zum tragen kommt 1. Positiv kann aber trotzdem angemerkt werden, daß Chemikalien, die in größeren Mengen hergestellt werden nicht mehr ungetestet vermarktet werden können.
Leider gibt es nur sehr wenig, was man als Konsument wirklich tun kann um sich vor Industriechemikalien wie BPA oder Phthalaten in Verpackungen und anderen Gegenständen zu schützen. Prof. Dr. Gerd Glaeske, Pharmakologe an der Universität Bremen empfiehlt: „Man sollte darauf achten, daß man nicht nur eingeschweißtes kauft, sondern man sollte eben auch offene Einkäufe tätigen. Das ist das Wichtigste. Insbesondere wenn auch Kinder im Haus sind.“ Kochen Sie selbst und vermeiden Sie Fertigprdukte. Lebensmittel mit viel Fett wie Käse sind besonders betroffen, denn Fette und Öle lösen Weichmacher und andere Zusatzstoffe aus den Verpackungen und speichern sie. Auch sollte man nach Möglichkeit auf Dosen und Konserven verzichten, denn bei der zumeist heißen Abfüllung können sich Große Mengen an BPA aus der Innenbeschichtung lösen. Auch viele Milch- und Saftpäckchen sind innen mit Plastik ausgekleidet, sodaß sich insbesondere in fetter Milch oder in sauren Säften größere Mengen an Zusatzstoffen lösen können. Deshalb sind u.a. in den letzten zwei Jahren viele Orangensaftersteller auf eine wenn auch teure Aluminiuminnenbeschichtung umgestiegen.
Vielmehr als die Pestizide, die man großteils durch Abwaschen entfernen kann, sind es nämlich unsere Verpackungen, die die Lebensmittel verunreinigen. Manche Pestizide wie Atrazin sind ebenfalls endokrine Disruptoren. Vermeiden Sie parfümierte Produkte wie bei Duschgels, da diese Phthalate enthalten können.
Die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie ist schon in den 50er Jahren gescheitert, denn die Anrufe von ein paar besorgter Konsumenten sind schnell abgewiegelt. Was es braucht sind rigorose gesetzliche Bestimmungen, der volle politische Einsatz und die ganze Macht der EU, seiner Mitgliedsstaaten und möglichst vieler weiterer Länder. Die Industrielobby schläft nicht. Sie versucht neue Bestimmungen durch „Anpassungen“ löchrig zu machen oder bei mangelnder Kontrolle neues Regelwserk gleich ganz zu umgehen.
Bürger und Konsumenten müssen zeigen, daß ihnen die Sache nicht egal ist, Konsequenzen ziehen und die Politik zum Handeln auffordern. Daß die Politik bisher darin Versagt hat, insbesondere die Belastung mit Phthalaten und BPA zu reduzieren wird deutlich, wenn man bedenkt, daß die Industrie von einer „drastisch steigenden Nachfrage“ ausgeht und sich die Produktion alleine von Phthalaten bis 2018 auf 7,6 Millionen Tonnen pro Jahr ausdehnen könnte.
Wenn wir uns überlegen, daß wir täglich ein ganzes Leben lang von Kunststoffen und anderen künstlichen Substanzen umgeben sind, müssen wir uns auch über gegenwärtig bekannte und mögliche Auswirkungen Gedanken machen. Unsere Gesundheit und die Umwelt, die wir zum Leben brauchen, sind das höchste Gut das uns Menschen zur Verfügung steht.